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5 Gefahren für die deutsche Wirtschaft und 10 Tipps gegen akuten Führungsmangel von Johanna Dahm und Heike Fuckert

Dr. Johanna Dahm: „Entscheider-Mangel bedeutet Krise für Jeden“

Führungslos. Entscheider-Mangel bedeutet Krise für Wirtschaft, Gesellschaft und Fortschritt.

Von Dr. Johanna Dahm und Heike Fuckert

Nicht länger nur ein Gerücht, die Führungsränge sind bald leer. Eine Umfrage des Personaldienstleisters Hays (2019) ergab, dass über alle Generationen nur 40 Prozent der Mitarbeitenden in Deutschland eine Führungsposition anstreben. Das Beratungsunternehmens Deloitte arbeitete aktuell heraus, dass seitens der Millennials in Deutschland (2000 und später geboren) nur 12 Prozent eine Führungsposition anstreben. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig, auch Unternehmens- und branchenabhängig.

In Versorgungs- und zukunftssichernden Berufen herrscht größte Unentschiedenheit

In den Branchen, die der Versorgung und Zukunftssicherung dienen, ist der Führungs- und Nachwuchsmangel besonders ausgeprägt: so z.B. in IT und Technologie, Gesundheitswesen, Ingenieurwesen, Handel und Logistik. Das liegt zum Teil an sich ständig verändernden Entwicklungen und somit Lerninhalten, teils am demographischen Wandel und sich darum ändernden Markt-Parametern. Oft haben die Führungskräfte schlicht keine internationale Erfahrung und auch keine Kompetenzen im Bereich der Digitalisierung und Automatisierung. Einen Sonderbereich stellt das Bildungswesen dar: Auch hier fehlen qualifizierten Führungskräfte, insbesondere in Schulen und Universitäten. Dies liegt daran, dass die Bezahlung und die Karrieremöglichkeiten im Vergleich zu anderen Branchen oft weniger attraktiv sind.

Frauen führungsmotivierter als Männer

„Lange lagen Interesse und Zugriff auf eine Führungsposition in Männerhand, was bis heute in vielen Unternehmen und Branchen eine große geschlechtsspezifische Kluft in Führungspositionen nach sich zieht. Wie die Studie des Beratungsunternehmens Accenture aus dem Jahr 2019 zeigte, schreckt das Frauen nicht ab“, so Dr. Johanna Dahm, Entscheidungsexpertin und Unternehmerin aus Frankfurt. Sie zitiert aus den Resultaten ihres früheren Arbeitgebers: „85 Prozent der befragten Frauen weltweit streben eine Führungsposition an! Ob das Interesse auch realisiert und eine Vakanz mit einer Frau besetzt werden kann, ist aber abhängig von Unterstützung durch das Unternehmen und dessen Gleichstellungspolitik. Trotz oftmals reiferer und passenderer Persönlichkeit, besserer Erfahrung und vor allem höherer Bildung wird Frauen nicht die gleiche Bezahlung und nur geringere Sichtbarkeit zugestanden, die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist vielfach zu gering“, klagt Dahm ein.

5 Gefahren für die deutsche Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit

Unternehmen sollten die Aufgabe ernst nehmen, die Gründe für die Unentschlossenheit hinter der Karriereplanung ihrer Mitarbeitenden und auch die Absage an Führungspositionen zu verstehen. Denn der Führungs- und Nachwuchsmangel bedeutet nicht nur kurzfristig operativen Mehraufwand sondern mittelfristig eine Bedrohung für die Volkswirtschaft und Innovationskraft:

1. Verlangsamung des Wirtschaftswachstums: Ohne ausreichend qualifizierte Führungskräfte haben Unternehmen Schwierigkeiten, ihre Geschäftsstrategien erfolgreich umzusetzen und ihr Wachstum zu steigern. Ein dauerhafter Rückgang des Wirtschaftswachstums wird unumgänglich und nicht abzufangen sein.

2. Erhöhung der Arbeitsbelastung: Gerade deutsche Führungskräfte sind immer auch operativ eingebunden. Fallen sie weg, konfrontiert das die vorhandenen Fachkräfte mit einer noch höheren Arbeitsbelastung als ohnehin. Die Welle der Überforderung, Stress und Burnout ist absehbar – insbesondere in den Unternehmen, die einen Rückstau an Digitalisierung und Automation verzeichnen und an alten Führungshierarchien festgehalten haben.

3. Verlust von Know-how: Ein Mangel an ausreichend qualifizierten Führungskräften bedeutet auch Mängel im Wissens- und Erfahrungstransfer: Fachwissen und auch Methoden sowie laterales Denken werden schnell verloren gehen

4. Sinkende Motivation und Produktivität der Mitarbeiter: Motivation und Produktivität der Mitarbeitenden wurden bislang durch Führungskräfte stark beeinflusst: Fehlen sie und sind Mitarbeitende auf sich allein gestellt, wirkt sich das auf die Gesamtleistung des Unternehmens aus.

5. Zunehmende Ungleichheit und Unsicherheit: Fehlen Führungskräfte, werden Unternehmen immer größere Schwierigkeiten haben, qualifizierte Fach- und Führungskräfte zu rekrutieren. Kurzfristig wird das die brancheninterne Konkurrenz, langfristig aber eher das Ausland stärken, wenn hier über Löhne und weitere Vorteile wie Flexibilität, Vereinbarkeit von Familie und Beruf die Anreize für Führungskräfte weiter erhöht werden. Das bedeutet eine wachsenden Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft und der Stellung Deutschlands im internationalen Wettbewerb.

Zusammen mit Leadership-Spezialistin Heike Fuckert forscht Johanna Dahm zu diesem Thema. Fuckert hat selbst eine lange Führungskarriere im Konzern hinter sich. Heute berät sie hochrangige Führungs- und Nachwuchskräfte in Führungs- und Laufbahnfragen. Wie Dahm appelliert auch sie, dem Führungskräftemangel frühestmöglich entgegenzuwirken und nachhaltig zu agieren. In der Förderung von Diversität und Inklusion der Führungskultur sieht sie wichtige Elemente, die dazu beitragen, den Führungsmangel zu mildern. Heike Fuckert setzt in der Zusammenarbeit mit Unternehmen auf ein 5/7/10-Punkte-Interventionsprogramm, um die schlimmsten Folgen abzumildern. Schließlich wusste Victor Hugo schon: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“. Hier fasst sie die wichtigsten To Dos zusammen

10 Schritte gegen akuten Führungsmangel

1. Grenzen für Arbeitsbelastung und Stress! Führungskräfte haben oft viel Verantwortung und müssen schwierige Entscheidungen treffen. Führungskraft muss man sein wollen. Es ist eine echte Entscheidung. Dies kann zu einem hohen Maß an Arbeitsbelastung und Stress führen, was viele Menschen davon abhält, Führungskraft zu werden.

2. Echte Work-Life-Balance! Führungskräfte verbringen oft lange Stunden im Büro und müssen auch außerhalb der Arbeitszeiten erreichbar sein. Dies kann zu einer schlechten Work-Life-Balance führen, was für viele Menschen ein abschreckender Faktor ist.

3. Positive Role Models Wanted: Viele Menschen haben in der Vergangenheit negative Erfahrungen mit Führungskräften gemacht, z.B. durch autoritäres Verhalten, Mikromanagement oder mangelnde Anerkennung. Diese Erfahrungen können dazu führen, dass sie selbst nicht Führungskraft werden möchten. Hier fehlt es an positiven Vorbildern.

4. Ein Obstkorb macht noch keine Wohlfühlatmosphäre! Eine Arbeitsumgebung, die nicht förderlich für Führungskräfte ist, kann dazu führen, dass sich Mitarbeiter nicht für eine Führungsrolle bewerben. Beispielsweise können unklare Karrierewege, geringe Gehälter oder mangelnde Unterstützung durch das Management die Bereitschaft verringern, eine Führungsrolle zu übernehmen.

5. Alter darf keine Rolle spielen! Die jüngere Generation bevorzugt oft flache Hierarchien und eine informelle Arbeitsumgebung. Eine traditionelle, hierarchische Führungsstruktur kann für viele junge Mitarbeiter unattraktiv sein.

6. Echter Support ist gefragt! Wenn ein Unternehmen seinen Mitarbeitern keine Unterstützung bei der beruflichen Weiterentwicklung oder Schulung anbietet, kann dies dazu führen, dass die Mitarbeiter das Gefühl haben, dass sie nicht auf eine Führungsposition vorbereitet sind und sich dagegen entscheiden.

7. Eine Karriere ist ein begleiteter Weg, kein Überraschungsangriff! Wenn ein Unternehmen seinen Mitarbeitern keine klaren Karrierewege bietet, können die Mitarbeiter das Gefühl haben, dass es keine Möglichkeit gibt, in höhere Positionen aufzusteigen. Dies kann dazu führen, dass sie sich gegen eine Führungsposition entscheiden.

8. Wertschätzung: Wenn ein Unternehmen seine Mitarbeiter nicht angemessen anerkennt, kann dies dazu führen, dass die Mitarbeiter das Gefühl haben, dass es keine Vorteile gibt, eine Führungsposition anzustreben.

9. Das Klima bestimmt die Kultur! Wenn ein Unternehmen eine schlechte Arbeitsumgebung hat, kann dies dazu führen, dass die Mitarbeiter sich gegen eine Führungsposition entscheiden. Zum Beispiel können ein schlechtes Arbeitsklima, unangemessene Arbeitsbelastung oder schlechte Arbeitsbedingungen dazu führen, dass die Mitarbeiter das Gefühl haben, dass sie sich nicht für eine Führungsposition engagieren möchten.

10. Motivation anerkennen! Wenn ein Mitarbeiter sich nicht für eine Führungsrolle motiviert fühlt, kann dies dazu führen, dass er sich dagegen entscheidet. Wenn ein Mitarbeiter zum Beispiel seine Arbeit als erfüllend und zufriedenstellend empfindet, kann er das Gefühl haben, dass er keine Führungsposition benötigt, um seine Karriere fortzusetzen.

Abwanderung ins Ausland – Fluch oder Segen?

Johanna Dahm und Heike Fuckert schreiben über den Führungsmangel auch im neuen Band „Atlas der Entscheider“ (Hrsg. von Dahm J., erscheint Mai 2023, zu bestellen über Amazon) weiter. Dahm betont: „Deutschland schneidet bei den Ländern, die Führungskräfte ausbilden und entwickeln, wirklich schlecht ab. Wir liegen weit hinter den USA, Australien und Kanada mit Indien, Brasilien und Japan auf den niedrigsten Rängen. Ganz konkret müssen wir lernen, Talente anzuziehen und zu halten, sowie die Fähigkeit entwickeln, Talente zu entwickeln und zu nutzen – es mangelt den Vorgesetzten schlicht an Begeisterungsfähigkeit“, so die Unternehmensberaterin und Organisationsentwicklerin. Sie ebenso wie Fuckert setzen auf konsequente und transparente Durchführung wie

Mentoring-Programme
Schulungsprogramme in Soft Skills
Karriereentwicklungspläne
echtes Feedback und regelmäßige Zielkorrekturen
Flexibles Arbeitsumfeld zur Ermöglichung einer ausgewogenen Work-Life-Balance
Beide mahnen zudem an, dass die Bereitschaft von Nachwuchskräften groß ist, eine Führungsposition im Ausland anzunehmen. 62% der befragten Millennials und Generation Z betrachteten internationale Erfahrungen als wichtig für ihre Karriereentwicklung. 75 Prozent wären bereit, für eine internationale Erfahrung ins Ausland zu gehen. Dahm war selbst lange im Ausland, darunter USA, Indien und Schweiz. Die Erfahrungen will sie nicht missen: „Durchaus können internationale Erfahrungen für die Karriereentwicklung von Vorteil sein, insbesondere in global agierenden Unternehmen. Doch muss die Rückkehr des Führungsnachwuchs gewährleistet und geplant sein, sonst springen die Leute schnell ab“. Noch zu wenig Unternehmen setzen gezielt darauf, ihre Nachwuchskräfte international zu fördern und für den deutschen Markt zu entwickeln.

Neue Arbeitswelten fordern neue Führungsrezepte

Zum Beispiel bieten einige Unternehmen internationale Austauschprogramme oder Karrierewege an, die es den Mitarbeitern ermöglichen, internationale Erfahrungen zu sammeln und Führungspositionen im Ausland zu übernehmen. Unternehmen sollten unbedingt auf folgende Punkte achten

Gezielte Rekrutierung: internationale Talente fördern, international interessierte Talente bevorzugen
Intern vor extern: Stellen mit eigenen Mitarbeitenden besetzen und durch Mentoring und Schulung begleiten
Zusammenarbeit mit Universitäten und Hochschulen intensivieren, Praktika und Trainee-Programme forcieren
Internationale Erfahrungen fördern, Kurzprojekte statt Langzeitaufenthalten ermöglichen
Inklusion stärken: Chancengleichheit für alle Geschlechter und Nationen, unabhängig von Herkunft, Religion etc.
„Diese Maßnahmen werden dazu beitragen, den Führungsmangel zu mildern, sofern sie intensiviert und konsequent durchgehalten werden“, schließt Heike Fuckert. Zumal auch die neuen Arbeitswelten, die agilen Methoden und die Digitalisierung neue Führungsrezepte fordern.

Über Johanna Dahm

Dahm, International Consulting, CEO Dr. Johanna Dahm
Die Unternehmensberaterin und Entscheidungs-Expertin unterstützt seit mehr als 20 Jahren Menschen und Organisationen in der Geschäftsfeld- und Leadership-Entwicklung. Promoviert in Kultur-, Kommunikationswissenschaften und Wirtschaftsphilosophie, MBA, hat mit 25 Jahren und Venture Capital von Henkel kurz vor Platzen der Dot Com Blase ihr erstes Unternehmen gegründet und 6 Jahre später verkauft. Später bei Accenture, dann bei Novartis Führungs-, Personal- und Projektverantwortung. Seit 2015 wieder selbstständig.

Anno 2020 schrieben die Zeitungen über ihre 2000 Beratungsstunden zu Entscheidungen – 2021 erschien im Springer Verlag „Die Entscheidungs-Matrix“. Die ausgebildete Strategieberaterin unterstützt Entscheider in Konzern und Hidden Champions, Business-Innovationen, Fusionen, Ressourcen entlang der Marktverhältnisse zu adaptieren. Beteiligt an Forschungen an Hochschulen und Think Tanks, gibt Seminare und Keynotes. Die aktive Förderin von TheOceanCleanUp wurde u.a. ausgezeichnet mit dem Business Award 2022, dem International Innovation Award und Global Leader Award ihres ehem. Arbeitgebers Novartis.

www.drjohannadahm.com

Über Heike Fuckert

Heike Fuckert, über 25 Jahre Führungskraft im Textilkonzern, Abteilungs-, Bereichs- und Einkaufsleiterin sowie Direktorin im Produktmanagement, ist Leadership-Expertin und Coach für Persönlichkeitsanalyse in Bad Salzuflen. Die zertifizierte Scrum-Masterin berät Führungs- und Nachwuchsführungskräfte und bietet ihnen die Möglichkeit zu erkennen, welche Talente in ihnen schlummern und wie sie diese bestmöglich einsetzen können. Ihr besonderer Schwerpunkt liegt auf den Themen: Selbstführung, Überprüfung der Werte, Blockaden Lösung und Klarheit.

www.fuckert.info

Über den Atlas der Entscheider 2 – Von der Entscheidung zum Erfolg

Hrsg. von Dr. Johanna Dahm, Vorwort Julien Backhaus

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